Chagall und die Bibel

Ausstellung der berühmten Bibel-Lithographien von Marc Chagall in Borgholzhausen

Was das Musée National Marc Chagall in Nizza kann, kann der Kulturverein Borgholzhausen e.V. schon lange: Die 41 herrlichen Lithographien aus den beiden Chagall-Bibelzyklen, die dort in Schauvitrinen zur Ansicht geboten werden, kann der Kulturverein Borgholzhausen in der Rathausgalerie seinen Besuchern präsentieren.

Die Austellungseröffnung war am Sonntag, dem 3.10.2021 zu gewohnter Zeit um 11:15 Uhr Coronabedingt mussten die 3G-Regeln (geimpft, genesen, getestet) eingehalten werden. Wir denken, dass nach der langen Ausstellungspause wieder mit Regelmäßigkeit Ausstellungen aufeinander folgen können und der Begriff “gewohnte Zeit” wieder seiner Bedeutung gerecht wird.

Birgit Schröter begrüßte als stellvertretende Bürgermeisterin von Borgholzhausen alle Anwesenden und drückte ihre Freude aus, dass nach der langen Pause jetzt wieder Ausstellungen möglich sind.

Anschließend begrüßte Astrid Schütze als Vorsitzende des Kulturverein ebenfalls alle Gäste und drückte ihre Freude aus, dass man Lilian Wohnhas vom Museum Peter August Böckstiegel für die Einführung in das Werk Chagalls und in die beiden Chagall-Bibelzyklen gewinnen konnte. Sie wies auch darauf hin, dass auch schon für das nächste Jahr eine Reihe von Ausstellungen fest eingeplant ist und demnächst die Informationen dazu herausgehen.

Lilian Wohnhas äußert sich in ihrer Einführung auch allgemein zu Marc Chagall:

Chagalls Bilder sind zu Ikonen der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts geworden, sie hängen in den großen Museen der Welt von Berlin bis New York. Chagall sagte selbst, seine Kunstwerke seien Ausdruck seines „Seelenzustandes“. Sie sprengen die formale Einheit aus Ort und Zeit und entziehen sich dem Drang der Kunstwissenschaft, sie in Kategorien zu fassen. Seine Bildkompositionen bewegen sich im Spannungsfeld zwischen Kubismus, Surrealismus, Symbolismus, sie greifen Elemente des Impressionismus auf genauso wie des Expressionismus. Allen Motiven wohnt zudem eine, wie er sagte, „Dimension des Psychischen“ inne. Immer bewegen sich die Figuren inmitten traumgleicher Topografien, umgeben von chiffrehaften Symbolen, die sich nur vor dem Hintergrund seiner Biografie entschlüsseln lassen.

Und speziell zu den Lithographien sagt sie:

Bei den Motiven, die in dieser Ausstellung „Chagall und die Bibel“ gezeigt werden, ging es Chagall mehr als um eine bloße Illustration der Bibel. Die Intensität der Situation und sicherlich auch das Nachempfinden des Gezeigten standen für ihn im Vordergrund.

Die Chagall-Bibelzyklen von 1956 und 1960 – Job Schräder schreibt dazu:

Nachdem Marc Chagall 1956 seine Arbeit an der immensen Anzahl von 105 Radierungen für sein berühmtes Bibel-Portfolio beendet hatte, beschloß man, diese Werke als großformatige Reproduktionen auch einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Sie wurden für die Veröffentlichung in der sog. “Verve-Bibel” (1956) als Heliogravüren aufwändig gedruckt. Um diesen “La Bible”-Band jedoch nicht zu einem schweren (er wiegt immerhin 2 kg) sondern auch wertvollen Druckwerk zu machen, krönte ihn Mark Chagall mit insgesamt 17 Original-Farblithographien (plus eine weitere für den Bucheinband), die er eigens dafür anfertigte. Doch damit nicht genug. Für 12 der Farblithographien erstellte Chagall zusätzlich kleine Zeichnungen, die als einfarbig schwarze Lithographien deren Rückseiten zieren. Sämtliche 30 Werke sind Original-Lithographien und somit im maßgeblichen Werkverzeichnis zu Chagalls lithographischem Oeuvre aufgeführt.

Die Beschäftigung mit biblischen Themen ließ Mark Chagall auch in den Folgejahren nicht los. 1958 und 1959 arbeitete er an weiteren 96 biblische Motiven, diesmal nicht als Radierungen, sondern als Zeichnungen und Gemälde. Sie wurden erstmalig-wieder als Heliogravüren für den zweiten Bibelband “Verve Bibel II” gedruckt. Auch hierfür zeichnete Chagall Original-Lithographien auf die Lithosteine, die dem Band beigegeben wurden: 24 farbige Motive (plus eine weitere für den Bucheinband) sowie 23 einfarbig schwarze lllustrationen für die Rückseiten der Blätter. Und selbverständlich sind auch diese Original-Steindrucke (Lithographien) im Werkverzeichnis katalogisiert.

Zusammen hinterläßt uns Chagall mit den beiden Bibeln 41 bewegende und inspirierende Originalgrafiken zu den wichtigsten Gestalten und Kapiteln des Alten Testaments sowie der Schöpfungsgeschichte. Damit zählen die Bibelillustrationen zu den bedeutendsten Werken Chagalls im Oeuvre seiner Druckgrafik. Die Auflage der beiden Bände war für damalige Verhältnisse relativ hoch (6500 Exemplare), sodaß man auch heute noch mit etwas Glück ein Exemplar in einem Antiquariat finden kann.

Job Schräder mit dem Druck “Sarah und Abimelech”

Die Original-Lithographien wurden dem Kulturverein von einer befreundeten Galerie kostenlos für die Dauer der Ausstellung zur Verfügung gestellt:

Artistshome e.K. Kunsthandlung für Originalgrafik, Hamburg
Die Inhaberin, Christine Blenner, ist Sachverständige für Europäische Druckgrafik nach 1945 und Mitglied im Deutschen Gutachter- und Sachverständigen Verband (DGuSV e.V.)

Ein Ausstellungskatalog “Mark Chagall – Bilder zur Bibel” von Traudisch-Schröter liegt während der Ausstellung zur Einsicht bereit.

Alle Blätter sind (in kleinen Mengen, einige wenige auch Einzelstücke) für die Besucher, einschl. Auszug aus dem Werkverzeichnis und Echtheitszertifikat, erwerbbar und noch vor Weihnachten lieferbar.

Fotos zur Ausstellung (Ulf Richter)

Presseberichte und weitere Informationen:

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